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Dezember - Weihnachtsblog

Kein Weihnachten – kein Problem!

Interviews mit Schüler:innen, die kein Weihnachten feiern

Dieser Artikel entsteht am Sonntag vor Weihnachten. Neben dem Laptop brennt auf dem Adventskranz die vierte Kerze. Sieht und hört man sich um, ist klar: Es weihnachtet sehr! Eine Woche vor dem Fest sind viele im Stress, es werden Geschenke last minute besorgt, mit der Familie um Essenswünsche gerungen und Termine ausgemacht, wer wann wo zu sein hat. In der Vorbereitung auf den Weihnachtsblog in diesem Jahr ist uns klar geworden: Für viele ist das ganz selbstverständlich, aber warum sprechen wir nicht über und mit denjenigen, die kein Weihnachten feiern? Wie gehen sie mit dem omnipräsenten Thema um? Wie fühlen sie sich? Und warum feiern sie kein Weihnachten?

Kein Weihnachten zu feiern, kann verschiedene Gründe haben. Deswegen war das auch gleich unsere erste Interviewfrage: Warum feierst du kein Weihnachten?

 

„Wir als Muslime glauben an die Geburt des Propheten Jesus (islam. Isa), allerdings gibt es bei den Religionen Unterschiede in der Darstellung der Geschichten. Deshalb feiern wir nicht auf diese Weise Weinachten.“, lautet eine Antwort auf diese Frage. Andere Befragte ergänzen, dass ihnen dementsprechend ihre Religion verbietet, Weihnachten zu feiern, weil sie dann zu den nicht-muslimischen Menschen gehören würden.

 

Neben dem Islam ist am Erasmus z.B. die Bahai-Religion vertreten, wie wir in unseren Interviews erfahren haben. „Als Bahai glaube ich an die fortschreitende Gottesoffenbarung. Das bedeutet, dass Gott in gewissen Abständen Propheten zu den Menschen sendet. Daher glauben die Bahai auch an alle anderen Weltreligionen, wie z.B. das Christentum etc. Da wir nicht die Traditionen aller Religionen nachgehen können, feiern wir nur Bahai-Feste. Da die Geburt des Propheten der Bahai (Bahaullah) nicht kommerzialisiert gefeiert werden soll, feiern wir Bahai unser Neujahr am 21. März, entsprechend des Bahai-Kalenders. Ähnlich wie Weihnachten feiern wir diesen Tag mit der Familie und beschenken uns auch.“

 

Ein weiterer Grund dafür, Weihnachten nicht zu feiern, haben wir in den Interviews ebenfalls erfahren: „Ich bin nicht religiös und sehe deshalb keinen Sinn darin, dieses Fest zu feiern. Ich bin zwar katholisch getauft, jedoch bin ich nicht gläubig und deswegen feiere ich auch nicht die Feste des Glaubens.“

 

Für die muslimischen Schüler:innen am Erasmus spielt Weihnachten also keine Rolle, dafür gibt es aber natürlich andere wichtige Feste, wie uns die Befragten auf unsere Frage hin erklären:

„Im Islam gibt es viele andere Feste, wie das z.B. Opferfest. An diesem hat der Prophet Abraham nach muslimischer Überlieferung die göttliche Probe bestanden und war bereit, seinen Sohn Ismail zu opfern. An diesem Tag kommen die Familien zusammen, besuchen sich untereinander, essen und trinken gemeinsam und beschenken die Kinder. Traditionell wird in Familien ein Lamm geschlachtet und an die Gäste und an die armen Menschen verteilt.“

Ein weiteres wichtiges Ereignis im muslimischen Kalender ist Ramadan und damit verbunden das Zuckerfest: „Wir feiern Ramadan, hierbei fasten wir ab Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang, um sozusagen sich in die Situation von ärmeren Menschen hineinzuversetzen. Ramadan 2023 beginnt am Mittwoch, 22. März, und endet am Abend vom Freitag, 21. April. Am Ende von Ramadan wird das Zuckerfest gefeiert. Die Familien treffen sich und machen ein großes Essen. Wir bekommen auch sehr viele Geschenke von jedem Familienmitglied.“

Kleiner Funfact an dieser Stelle: Im Gegensatz zu Weihnachten wird das Zuckerfest nicht jedes Jahr am selben Tag gefeiert. „Das Zuckerfest hat keinen bestimmten Tag, um gefeiert zu werden, da sich der Kalender des Islams immer ändert.“

Was ein Befragter schadet findet, ist die geringe Sichtbarkeit des Zuckerfests: „In Deutschland wird das Fest leider nicht so öffentlich gefeiert wie in manch anderen Ländern. Daher fällt Dekoration eher gering aus und viele wissen gar nicht genau, was das Zuckerfest ist.“

 

Wie bereits in der Einleitung des Artikels erwähnt, kann man der Weihnachtsstimmung nicht entfliehen. Überall wird darüber gesprochen, die Innenstädte und Häuser sind weihnachtlich geschmückt, auch in der Schule finden sich in den Klassenräume Adventskalender oder ein Weihnachtsbaum im Foyer. Deswegen interessierte uns, wie es den Befragten damit geht: Nervt die Weihnachtsstimmung? Fühlen sich diejenigen ausgeschlossen? Oder haben sie Freude an dieser ganz besonderen Zeit im Jahr?

 

Positiv heben unsere Gesprächspartner:innen die schöne Stimmung hervor: „Ich freue mich, dass andere Menschen Freude haben und gemeinsam mit ihren Familien feiern. Die fröhliche Atmosphäre überträgt sich auch auf die Menschen, die das nicht feiern, so dass gemeinsam ein gutes Verhältnis besteht.“

Das kann jemand anders bestätigen: „Mich nervt die Weihnachtszeit nicht, da sie einem gute Laune macht. Alles dreht sich um Heiligabend und die Vorfreude wird geteilt.“ Das sieht ein anderer Schüler genauso: „Nein, ich fühle mich keineswegs ausgegrenzt. Auch, wenn ich Weihnachten nicht feiere, liebe ich die weihnachtliche Stimmung. Alle sind viel netter und glücklicher unterwegs. In der Schule wird Weihnachten im Unterricht gefeiert und man wichtelt auch ab und zu, sodass man auf jeden Fall integriert wird. Natürlich finde ich es manchmal sehr schade, dass es sich hierbei um ein Fest handelt, das wir nicht feiern, aber es gibt ja wie gesagt andere Feierlichkeiten für uns.“

 

Was allerdings manch einen erstaunt, ist der Wandel vom religiösen Hintergrund zum Fest des Kommerzes: „Es ist interessant, dass die Geburt von Jesus nur noch in Verbindung mit Geschenken und Tannenbäumen gebracht wird. Die Bedeutung von Weihnachten verschwindet.“ Daran schließt sich jemand anderes an: „Ich finde es aber schade, dass viele die Weihnachten feiern, den Bezug von Weihnachten zu Religion gar nicht mehr richtig kennen.“ Wenn man bedenkt, dass selbst in diesem Jahr, in dem viele von finanziellen Sorgen geplagt sind, trotzdem noch im Schnitt in Deutschland pro Person rund 299€ für Geschenke ausgegeben werden, dann kann man diesen Gedanken mehr als nachvollziehen. Deswegen haben wir uns als Blog Gedanken gemacht, wie man die Weihnachtszeit und damit auch die Geschenke nachhaltiger und gleichzeitig auch günstiger gestalten kann. Wer noch ein paar Anregungen braucht, für den haben wir mit unserem Geschenkguide genau den richtigen Artikel (Link zum Geschenkeartikel einfügen!).

 

Jedoch war es für unsere Befragten auch nicht immer so einfach, Weihnachten nicht zu feiern. „Es ist vor allem in jungen Jahren etwas komisch gewesen, weil andere Kinder von ihren Wünschen erzählten. Nun ist es ebenfalls Normalität, Weihnachten nicht zu feiern, und Leute respektieren dies.“ Jemand anderes bestätigt: „Ausgegrenzt fühle ich mich nicht.“

Was der ein oder andere zudem nicht so gut findet: die musikalische Besonderheit der Weihnachtszeit. „Mich nervt es nicht, dass um mich herum Weihnachtsstimmung herrscht. Was mich aber ein bisschen nervt, sind die Weihnachtslieder.“ Und allen, denen es ähnlich geht, sei noch gesagt: Last Christmas, I gave you my heart, but the very next day you gave it away…“ 😁

 

Wer ebenfalls kein großer Weihnachtsfan ist, findet sich mit Sicherheit in folgenden Worten eines Schülers wieder: „Jede:r soll das feiern, was er:sie möchte. Ich persönlich mag weder den Sinn hinter dem Weihnachtsfest noch das Ambiente, welches in der Weihnachtszeit herrscht. Ausgegrenzt fühle ich mich keinesfalls, da es nun mal eine persönliche Entscheidung meinerseits ist und es auch nicht unaushaltbar für mich ist. Ja, es nervt mich in einem gewissen Maße, da ich wie gesagt das Ambiente nicht mag.“

 

Zum Abschluss interessierte uns natürlich noch, wie unsere Gesprächspartner:innen zu typischen Weihnachtszeit-Aktivitäten stehen. Weihnachtsmarktbesuch etwa: Top oder Flop?

 

Auch hier sind die Antworten wieder so individuell wie die Schüler:innen, mit denen wir uns unterhalten haben. Von „Nein, eigentlich gehe ich keinen weihnachtlichen Aktivitäten nach. Jedoch bin ich niemand, der es strikt ablehnt, beispielsweise einen Weihnachtsmarkt zu besuchen, da es ganz nett sein kann.“ bis hin zu „Gemeinsam mit meiner Familie besuchen ich zur Weihnachtszeit die schön dekorierten Weihnachtsmärkte in der Umgebung.“ ist alles dabei. So gibt es auch ausgemachte Fans unter den Befragten: „Ja, ich gehe sehr gerne weihnachtlichen Aktivitäten nach. Ich finde Weihnachtsmärkte super schön. Plätzchen backen in der Vorweihnachtszeit finde ich auch super. Genauso liebe ich auch wichteln, da man sich gegenseitig eine Freude bereiten kann.“

 

Eine Schülerin erklärt uns zum Abschluss des Interviews, wie man beide Religionen miteinander verbinden kann: „Ja auf jeden Fall gehe ich weihnachtlichen Aktivitäten nach, da ein Weihnachtsmarkt gute Laune macht. Alle Menschen feiern die Weihnachtszeit und genießen die gemeinsame Zeit. Außerdem ist die Weihnachtszeit mittlerweile weltweit bekannt und die Süßigkeiten ebenfalls und nicht zu vergessen der Weihnachtsmann. Es ist schön, die Freude der Kinder zu beobachten. Wir als Muslimen passen uns auch an, z.B. steht ein Weihnachtsbaum bei uns im Wohnzimmer oder meine jüngere Schwester denkt, dass der Weihnachtsmann 🎅 existiert. Also nervt mich ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt nicht, er macht eher hungrig! Es ist schön, die Traditionen der Christen mit eigenen Augen mitzuerleben, denn in der Türkei oder anderen muslimischen Ländern wird der Winter und die Weihnachtszeit nicht in Verbindung gebracht.“

 

Und da das ein wunderbares Schlusswort ist, bleibt uns nichts anderes, als euch schöne Ferien zu wünschen und – sofern ihr feiert – frohe Weihnachten! Und einen herzlichen Dank an alle, die sich die Zeit für unsere Interviews genommen haben 💖

 

(AP)


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