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    Ukraine-Special

    Gedanken eines 17-Jährigen

    In der Nacht vom 24. Februar 2022 befahl Russlands Präsident Putin den Angriff auf die, wie es scheint, gesamte Ukraine. Es kam damit zu etwas, das man sich noch zu Beginn der Woche in keinem Land Europas hätte vorstellen können.


    In diesem Text soll es nicht um die Einschätzung des Konflikts oder des ‚großen Ganzen‘ gehen, sondern um einen herausstechenden Gedanken in dem Wechselbad der Gefühle, das ich persönlich zurzeit durchlebe.

    Alle Nachrichten der letzten Tage und Wochen haben mich stark erschüttert, doch eine hat mich in meinem allerpersönlichsten Inneren getroffen: An diesem besagten 24. Februar tat Wolodymir Selenskyj, der Präsident der Ukraine, am Abend vor die Kameras. Er trug bereits die Hosen einer Tarnuniform und militärgrünes T-Shirt. Und dann sagte er Folgendes: „Allen Männern zwischen 18 und 60 Jahren ist es ab jetzt verboten, die Ukraine zu verlassen.“

     

    Mit diesem Satz war klar, dass all diese Männer dazu aufgerufen wurden, sich in der nächsten Militärkaserne zu melden, zur sogenannten ‚Musterung‘, womit man die Untersuchung von etwaigen Soldaten hinsichtlich ihrer Kampffähigkeit meint. Das bedeutet, dass sie – falls eine solche Feststellung erfolgen sollte – verpflichtet sind, in einem Krieg zu kämpfen.

     

    Was mich an dieser Verlautbarung so schockiert, war die Alterspanne der Einberufenen: 18 bis 60…

    18. Das ist das Alter, das ich in nicht einmal zwei Monaten selbst erreichen werde.

     

    Vor meinem inneren Auge stelle ich mir vor, jetzt ein Ukrainer zu sein. Dieser Gedanke stellte einen großen Teil meines bisherigen Weltbildes vollkommen auf den Kopf: Was würde ich denn im Falle eines Krieges tun, wenn dieser Krieg auf Deutschland abzielte? Ich habe zwar wie jeder junge Mensch meines Alters die Entwicklungen des Heranwachsens gespürt, sprich selbstständiger, vernünftiger, stärker zu werden. Aber ich bin weit davon entfernt, mich als vollständig erwachsen zu betrachten.

    In einem Krieg hätte ich sehr viel Angst. Ich wäre – so glaube ich – weder psychisch noch physisch in der Lage, als Soldat zu kämpfen. Die Vorstellung, für mein Land zu sterben, ja nur zu bluten und zu leiden, käme mir moralisch zwar schon richtig vor, ich spürte aber auch einen unglaublichen Unwillen, als junger Mensch Träume und Ziele aufzugeben, um in einem Krieg zu fallen, den mein Land nicht begonnen und mit aller Kraft zu verhindern versucht hat.

     

    Das nächste Bild, das mir in den Sinn kam, war eine kleine Gedenktafel in unserer Schule. Sie hängt im Foyer neben der Fotowand unserer Lehrkräfte und links von der Tür des Büros des Direktors. Es ist eine Tafel, die an alle gefallenen Schüler des zweiten Weltkriegs erinnert. Sie erinnert daran, dass im späteren Kriegsverlauf auch Schüler in ganz Deutschland zum Wehrdient eingezogen wurden. Und zu diesen Tafeln, von denen es in allen Ländern Europas wahrscheinliche Tausende gibt, werden schon in einigen Monaten, aber spätestens in einigen Jahren, wieder einige dazu kommen. Darüber sollten wir uns bewusst sein. In zehn, zwanzig oder dreißig Jahren wird es an uns sein, zum wiederholten Mal zu versuchen, dass „Nie wieder!“ eines Krieges in Europa umzusetzen. Ob wir dabei erneut scheitern werden, ist nicht abzusehen, genauso möglich wie unmöglich. Aber uns bleibt nichts anderes übrig, als in unsere Geschichte zu schauen und zum wiederholten Mal herauszufinden, was wir oder die Generation vor uns falsch gemacht haben.

     

    Wir müssen aus unserer Geschichte lernen!

     

    (ED)


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